Chemische krystallographie. Zweiter teil. Die anorganishcen oxo- und sulfosalze / Химическая кристаллография. Вторая часть. Неорганические оксо- и сульфосоли

Die cyansauren Salze pflegt man bekanntlich von der Isocyansäure, d. i. dem Carbimid: =C=NH^ abzuleiten, während für die den rhodanwasserstoffsauren Salzen zugrunde liegende Säure die Constitution: N^C—SH angenommen wird, analog der normalen Cyansäure N^C— OH und der unterchlorigen Säure Cl— OH, von welcher bisher kein Salz in bestimmbaren Krystallen erhalten worden ist. Dieser Anschauung entsprechend ist die Krystallform des einzigen krystallographisch untersuchten cyansauren Salzes, des tetragonal krystallisierenden Kaliumcyanat = OCNK, ver- schieden von derjenigen des Kaliumrhodanates; dagegen zeigt sie eine große Ähnlichkeit im Axenverhältnisse mit dem Thalliumrhodanat, dessen Krystalle jedoch einen anderen Habitus besitzen und ohne den Nachweis der Übereinstimmung mit dem Thalliumcyanate und der Isomorphie dieses mit dem Kaliumsalze nicht als isomorph mit dem letzteren betrachtet werden dürfen. Kaliumthiocyanat = NCSK krystallisiert aus Methylalkohol rhombisch, wandelt sich aber bei 146" in eine andere, ebenfalls doppeltbrechende Modification um, die man aus dem Schmelzflusse zuerst erhält und welche bei derselben Temperatur die umgekehrte Umwandlung zeigt. Ammoniumthiocyanat = NCSNH^ krystallisiert aus Methylalkohol monoklin und wandelt sich bei 92° in eine andere Modification um; diese, ebenfalls doppeltbrechend, entsteht aus dem Schmelzflusse zuerst und wandelt sich beim Abkühlen auf 92° in die erste um. Goßner^), welcher beide Salze untersuchte, stellte auch Mischungen derselben dar: aus Lösungen, welche gleiche Gewichtsteile beider oder nur einen mäßigen Überschuß an Ammoniumsalz enthielten, schieden sich zuerst rhombische Krystalle vom Habitus des Kaliumsalzes ab, welche nach ihrem spec. <....>